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Pressemitteilung

05.06.2025

Sinkende Zahl an Sachverständigen erschwert gerichtliche Verfahren

Deutscher Sachverständigentag (DST) spricht sich für klare gesetzliche Standards bei Ausbildung und Berufsausübung aus – Bessere Vergütung und rechtlicher Rahmen sollen Fachkräfte sichern

Berlin, 05. Juni 2025 – Der Deutsche Sachverständigentag (DST), organisiert vom Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger (BVS e.V.), ruft den Gesetzgeber dazu auf, den Beruf der Sachverständigen rechtlich besser abzusichern. Gefordert wird eine allgemeine, gesetzlich verankerte Regelung zur Ausbildung und Berufsausübung von Sachverständigen in Deutschland. Hintergrund ist der deutliche Rückgang an öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen sowie die immer komplexer werdenden Anforderungen an Gutachten – insbesondere im gerichtlichen Kontext.

Einheitliche Standards für mehr Qualität und Verbraucherschutz

Bereits 2004 wurde mit dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) ein Schritt in Richtung Professionalisierung unternommen. Damals erkannte die Bundesregierung an, dass die Sachverständigentätigkeit sich zu einem eigenständigen Berufsbild entwickelt – insbesondere im Dienst von Gerichten und Justiz. Das bis dahin geltende ZSEG (Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen) reichte nicht mehr aus.

In dieselbe Richtung weist eine aktuelle Empfehlung des Verkehrsgerichtstags in Goslar. Dort wurde der Gesetzgeber aufgefordert, eine gesetzliche Grundlage speziell für die Ausbildung und Berufsausübung von Kraftfahrzeugsachverständigen zu schaffen. Der DST sieht darin einen klaren Anlass, die Diskussion zu öffnen – und für alle Fachrichtungen eine einheitliche Regelung zu etablieren.

Ein solcher rechtlicher Rahmen wäre auch im Interesse des Verbraucherschutzes. Er würde sicherstellen, dass Gutachten künftig nur von nachweislich qualifizierten, unabhängigen und neutralen Fachleuten erstellt werden – auf Basis einer anerkannten Berufsausbildung und gesetzlich geregelten Ausübung.

Immer weniger Sachverständige für Gerichtsgutachten verfügbar

Gleichzeitig macht der DST auf ein weiteres Problem aufmerksam: Immer weniger öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige stehen für Gerichtsgutachten zur Verfügung. Der Grund: Die Vergütung für gerichtliche Gutachten liegt deutlich unter dem, was in der freien Wirtschaft gezahlt wird. Der DST fordert deshalb eine Anpassung der Vergütungssätze im JVEG, um die Tätigkeit auch im gerichtlichen Bereich wirtschaftlich attraktiv zu machen.

Künstliche Intelligenz: Nur als Werkzeug, nicht als Ersatz

Positiv bewertet der DST die zunehmende Integration von rechtssicherer Künstlicher Intelligenz in die Sachverständigenpraxis. Voraussetzung sei jedoch, dass KI ausschließlich unterstützend eingesetzt wird. Die persönliche Fachkunde und Erfahrung der Sachverständigen müsse weiterhin das Gutachten prägen. Neutralität, Unabhängigkeit und Verantwortlichkeit bleiben unverzichtbar.

„Die Arbeit der Sachverständigen ist ein zentraler Baustein für funktionierende Justiz, verlässliche Entscheidungen in Wirtschaft und Technik – und für den Schutz der Verbraucher. Dafür brauchen wir klare Rahmenbedingungen, rechtliche Sicherheit und faire Vergütung,“ so Christina Sadler-Berg, Präsidentin des Bundesverbands öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V., dem Dachverband des Deutschen Sachverständigentags.


Im Wortlaut: Empfehlung des Deutschen Sachverständigentages 2025

Der Deutsche Sachverständigentag – DST, der unter verantwortlicher Leitung des Bundesverbandes öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger – BVS mehr als 5.000 Angehöriger dieser Berufsgruppe vertritt, ruft den Gesetzgeber auf, eine allgemeine berufsgesetzliche Regelung für die Ausbildung von und Berufsausübung durch Sachverständige zu schaffen.

Bereits in der Begründung zur Schaffung einer Vergütungsregelung für die gerichtliche Sachverständigentätigkeit im Jahre 2004 (Justizvergütungs- -und entschädigungsgesetz – JVEG) hat die damalige Bundesregierung festgestellt, dass die zunehmende Professionalisierung der gerichtlichen Sachverständigentätigkeit einer gesetzlichen Vergütungsregelung bedürfe. Die bis dato bestehende gesetzliche Entschädigungsgrundlage in Gestalt des Zeugen- und Sachverständigenentschädigungsgesetztes – ZSEG genüge nicht mehr der sich zunehmend zu einem eigenständigen Berufsbild entwickelnden Tätigkeit sachverständiger Gutachtenerstattung, insbesondere für die Gerichte und die Justiz im Allgemeinen.

Die beim diesjährigen Verkehrsgerichtstag in Gosslar verabschiedete an den Gesetzgeber gerichtete Empfehlung zur Schaffung einer eigenen gesetzlichen Regelung für die Ausbildung und Berufsausübung von Kraftfahrzeugsachverständigen zeigt die Notwendigkeit zu diesem Schritt und gibt Anlass, eine grundsätzliche und allgemeine, dem gesamten Berufsstand der Sachverständigen erfassende gesetzliche Regelung zu schaffen.

Eine solche wäre auch im Interesse des Verbraucherschutzes, da dadurch sichergestellt werden würde, dass der Wirtschaft und den einzelnen Verbrauchern nur Sachverständige zur Gutachtenerstattung zur Verfügung stehen würden, die durch eine nachgewiesene geeignete Berufsausbildung und eine gesetzlich geregelte Berufsausübung mit hoher Sachkunde, neutral und unabhängig, Gutachten erstatten und anderweitige Sachverständigendienstleistungen erbringen.

Um dem weiteren Rückgang der Anzahl an öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, die insbesondere für die Erstattung von Gerichtsgutachten benötigt werden, entgegenzutreten, hält es der Deutsche Sachverständigentag für dringend geboten, deren Vergütung für die Erstattung von Gerichtsgutachten an die deutlich höhere durchschnittliche Vergütung anzupassen, die bei Privatgutachten gezahlt wird. Nur so könne die Tätigkeit, als Sachverständige auch für die Justiz Gutachten zu erstatten, in ihrer wirtschaftlichen Attraktivität erhöht und damit die Bereitschaft gefördert werden, auch dieser wichtigen Aufgabe nachzukommen.

Positiv sieht der DST den Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der Gutachtenerstattung. Es müsse jedoch dabei sichergestellt sein, dass KI lediglich ein Hilfsmittel sei, das die höchstpersönliche, unabhängige und neutrale Gutachtenerstattung unterstützt, diese aber nicht ersetzen könne. Entscheidend sei, dass die persönliche Sachkunde und berufliche Erfahrung des Sachverständigen Inhalt und Ergebnis seines Gutachtens prägt.