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17.06.2019

Was fordern Sachverständige für Medizinprodukte vom geplanten Implantateregister?

Patientensicherheit und Transparenz soll das neue Implantateregister ab 2020 bringen. Letztlich steht die Qualitätskontrolle bei der Erfassung aller in den Körper künstlich eingepflanzten Materialen im Vordergrund. Dr. med. Hans Haindl, promovierter Humanmediziner und diplomierter Maschinenbau-ingenieur sowie öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Medizinprodukte, erklärt aus Sachverständigensicht Chancen und Herausforderungen des Implantateregisters.

„Die Idee eines medizinischen Registers ist nicht neu“, erklärt Dr. med.-Dipl.-Ing. Hans Haindl. „Bis dato gibt es bereits medizinische Register in Deutschland, die in der Regel von den jeweiligen medizinischen Fachgesellschaften geführt und ausgewertet werden. Hierzu zählen zum Beispiel das Deutsche Karotisstent-Register (German Carotid Artery Stent Registry; GeCAS), Deutsches Herzschrittmacher- und Defibrillatorregister (German Pacemaker Register) und das Brustimplantat- und Netzregister (AWOgyn).“ Gesammelt werden pseudonymisierte, wissenschaftliche Daten, zum Beispiel über Art der Eingriffe, Behandlungsverlauf, verwendetes Medizinprodukt etc., um zum einen Behandlungen zu optimieren und die Patientensicherheit zu optimieren und zum anderen evidenzbasierte Daten über Produkte zu gewinnen. „Bislang existiert in Deutschland kein Nationales Implantateregister, wie es die Europäische Medizinprodukte-Verordnung (Medical Device Regulation – MDR) vorsieht“, so der Sachverständige für Medizinprodukte weiter. Das geplante Register sieht Sachverständiger Haindl als längst überfällig. „Die EU-Mitgliedstaaten sollen Maßnahmen zur Förderung entsprechender Register ergreifen (vgl. Artikel 108 Satz 1 MDR), daher ist die Initiierung des Registers jetzt gefordert. Länder wie Neuseeland, Australien oder Skandinavien, bei denen derartige Register etabliert sind, zeigen mit ihren Auswertungen, dass die zentrale Datensammlung und qualifizierte Auswertung der Patienten- und Produktsicherheit dienen. Ob die Sammlung in behördlicher Hand liegen muss, ist fraglich. Der Arzneimittelsektor zeigt, dass vollständige behördliche Regulation nicht vor Vorfällen schützt. Skandale im Arzneimittelbereich gibt es immer wieder“, erklärt Haindl, der selbst auch Medizinprodukte entwickelt. Ab 2020 soll ein zentrales Implantateregister durch das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) mit Sitz in Köln aufgebaut werden.

Künftig sollen Krankenhäuser und Arztpraxen verpflichtet werden, das Einsetzen und das Explantieren von Implantaten an das Register zu melden. Das gilt auch für die gesetzlichen und privaten Krankenkassen und die Patienten selbst, aber nicht für Sachverständige. „Unklar ist noch, wie mit Revisionen bei verbleibendem Implantat und versagenden Implantaten, die nicht entfernt werden können, umgegangen wird“, erklärt Haindl. Hersteller von Medizinprodukten sollen nach dem neuen Implantateregister verpflichtet werden, ihre Produkte in der Produktdatenbank des Registers registrieren zu lassen. Kommt es zu Meldeverstößen durch ein Krankenhaus oder einen ambulant tätigen Operateur, oder verwenden sie ein nicht registriertes Implantat, soll der Eingriff nicht vergütet werden. Geplant ist weiter, dass alle Daten beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) gesammelt werden, welche dann im Weiteren über das Robert Koch-Institut pseudonymisiert werden (personenbezogene Daten).

Nach Meinung des Sachverständigen Haindl nutzt es nichts, die großen Datenmengen einfach „nur zu sammeln“. „Zur Datenauswertung braucht man nach meiner Meinung unbedingt das Fachwissen der jeweiligen medizinischen Fachgesellschaften“, betont Haindl. In der Einführung des Implantateregisters sieht Haindl auch ein geeignetes Kontrollinstrument für die Medizinproduktehersteller. „Die zentrale Auswertung und Transparenz werden Auswirkungen auf den Markt und die Produktentwicklung haben und könnten die Qualität der Medizinprodukte verbessern. In den USA zum Beispiel sind alle Zwischenfallmeldungen eines Herstellers einsehbar und nachzuvollziehen. Das ist in Deutschland leider nicht möglich. Die große Chance des Registers liegt in der wissenschaftlichen Auswertung, dem frühzeitigen Erkennen von problembehafteten Implantaten und der damit verbundenen besseren Patientensicherheit. Das ist schon ein großer Schritt nach vorne“, so das Fazit des Fachmannes.

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