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21.09.2017

Qualitätsicherung für Abstammungsgutachten

Wo komme ich her? Wer sind meine Eltern? Diese wichtige Frage ist entscheidend für die Identität und Persönlichkeitsfindung. Für ca. 16.000 Menschen in Deutschland muss die Abstammung p.a. gerichtlich geklärt werden. Gerichte brauchen auf der Suche nach dem Vater gutachterliche Unterstützung. Die Motive sind unterschiedlich und individuell. Mal geht es um Unterhaltsansprüche, mal um die existenzielle Frage nach der Herkunft. Für die Klärung dieser differenzierten Anliegen werden Abstammungsgutachten erstellt. Ganz neu ist die öffentliche Bestellung und Vereidigung dieser Sachverständigen mit dem jüngsten Bestellungsgebiet “Genetische Abstammungsbegutachtung“. Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige verfügen nachweislich über die höchste Qualifikation. Mit dem neuen Bestellungsgebiet hat sich jüngst der Bundesverband der öffentlich bestellten Sachverständigen für Abstammungsbegutachtung (BVöSA e.V.) in Berlin gegründet.

„Unser Ziel ist es, eng mit den Menschen zusammen zu arbeiten, Familiengerichte zu unterstützen, kompetente Ansprechpartner für Jugendämter zu sein und den fächerübergreifenden Dialog zu suchen. Zudem nutzen wir Synergien zu thematisch angrenzenden Fachgesellschaften und Institutionen. Das Thema Abstammung ist sensibel. Neben der Fachkompetenz braucht es soziale Kompetenz, Empathie und Fingerspitzengefühl“, so Dr. Sabine Rölleke, Vorstandsvorsitzende des BVöSA. Die Inhaberin des Potsdamer Labors für Genetische Analytik sieht angesichts des steigenden Trends einen stetig wachsenden Bedarf an qualifizierten Gutachten. „Derzeit gibt es bundesweit nur zehn öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für dieses Bestellungsgebiet. In der Vergangenheit haben vornehmlich Humanmediziner oder rechtsmedizinische Institute die Gutachten erstellt. Im Zuge der technischen Entwicklung verlagerte sich das wissenschaftliche Gebiet in den molekular-biologischen Bereich, in dem ein relevanter Teil der DNA, also der Erbinformation, in analytischen Verfahren aufgeschlüsselt werden kann. Entsprechend übernehmen Molekularbiologen heute die Gutachtertätigkeit. Die extrem hohen Anforderungen der öffentlichen Bestellung und Vereidigung sind für uns Qualitätsgarant einerseits und Herausforderung im Zeitalter des Nachwuchsmangels andererseits“, erläutert Rölleke, die sich darüber freut, dass öffentlich bestellte Sachverständige jetzt in der Lage sind, den Bedarf an gerichtlichen Abstammungsgutachten bundesweit zu decken.

Abstammungsgutachten unterliegen strengen gesetzlichen Vorgaben (Gendiagnostik-Gesetz). Nur Teile des Erbguts dürfen speziell untersucht und analysiert werden, damit die Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben. Nach dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Technik wird hierzu im ersten Schritt ein Wangenabstrich aus dem Mund genommen. Die DNA wird im zweiten Schritt isoliert und die zu analysierenden, aufschlussgebenden Abschnitte des Erbgutes im Anschluss vermehrt, um mit dem Erbgut des Kindes verglichen werden zu können. Das Verfahren ist so sicher, dass statistisch häufig kein zweiter Mann in Europa dieselben übereinstimmenden Erbinformationen hat, wie der als Vater festgestellte Mann zu dem untersuchten Kind. „Doch nicht nur im Bereich der Vaterschaftsklärung sehen wir großen Bedarf“, meint Rölleke. „Auch Ausländerbehörden bedürfen unseres Fachwissens, zum Beispiel zur Klärung der Familienzugehörigkeit hier lebendender Migrantinnen und Migranten, und ob im diesem Zusammenhang auch deren Familienmitglieder, die in die Bundesrepublik nachkommen wollen, familiär eindeutig zugeordnet werden können. Außerdem haben nun auch Kinder, die durch eine Spender-Samenzelle gezeugt wurden, Anrecht auf Auskunft der Vaterschaft.“ 

Gerade gegründet, leistet der Verband jetzt Pionierarbeit. „Neben einer fundierten wissenschaftlichen Ausbildung und dem erworbenen Fachwissen gehört Fingerspitzengefühl dazu, gilt es, fachlich korrekte und gleichzeitig humane Wege zu finden“, so die Aussage des Verbandes. „Hinter jedem Antrag steht ein Schicksal. Das wissen wir sehr genau“, erklärt Rölleke. „Ein Schritt ist zum Beispiel die Einrichtung einer anonymisierten Sprechstunde zur Beantwortung relevanter Fragen“, so Rölleke.

Als Berufsverband will der BVöSA e.V. zudem Qualitätsstandards setzen, den Nachwuchs fördern und den fächerübergreifenden Austausch suchen. Unterstützung erfährt der frisch gegründete Verband vom BVS (Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V.), dem er als neuer Fachverband künftig angehören wird.

"Die Gründungsmitglieder des neuen Bundesverbandes sind: Dr. Angelika Lösch und Dr. Kirsten Thelen vom ID Labor in Mainz, Dr. Iris Schulz und Dr. Christian Winkler vom Institut für Blutgruppenforschung LGC in Köln, Susanne Haas vom Labor confidence in Wien und Dr. Sabine Rölleke und Ralph Krech vom Dr. Rölleke Labor für Genetische Analytik in Potsdam."

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